Dem eigenen Herzen folgen
Dr. Chengyu Zang ist seit Anfang 2022 Postdoktorand im Advanced Software Technologies (AST) Lab von Prof. Zhendong Su. Er wurde Teil der Gruppe, nachdem er 2021 an der East China Normal University (ECNU) promoviert hatte. Er kam jedoch bereits zwischen 2018 und 2019 als Gastdoktorand in die Gruppe von Professor Su an die ETH Zürich.
Wie sieht der Beginn einer akademischen Karriere in der Informatik aus?
In drei Interviews berichten eine Doktorandin, ein frisch diplomierter Doktor der Wissenschaften und ein junger Postdoktorand aus dem Departement über ihre Motivation und ihre Erfahrungen.
– Dieser Artikel ist Teil der Reihe «Nachwuchsforschende in der Informatik» –
1/3 Xenia Hofmeier – Lernen auf die harte Tour
2/3 David Dao – Sich selbst kennenlernen
3/3 Chengyu Zang – Dem eigenen Herzen folgen
Warum hast du dich für ein Informatikstudium entschieden?
Ich wollte in einem Feld arbeiten und forschen, wo ich Theorie und Praxis verbinden kann. Die Informatik ist zwischen der Mathematik und dem Ingenieurwesen angesiedelt. Ich arbeite gern gleichzeitig an theoretischen und praktischen Fragestellungen und kombiniere diese zu fortgeschrittenen Techniken.
Was hat dich zur akademischen Forschung bewogen?
Ich habe Software-Engineering studiert. In dieser Zeit habe ich mein eigenes Start-up-Unternehmen aufgebaut – eine mittlerweile populäre Social-Media-Plattform in Shanghai. Aber ich habe schnell gemerkt, dass es bei einem Start-up mehr ums Geschäft und um Marketing geht als um die Technologie selbst. Ich wollte an etwas Technischerem arbeiten, also habe ich das Unternehmen verlassen und ein Direktdoktorat an der ECNU begonnen. Mein Ziel war es, dadurch mehr fachspezifische Kompetenzen zu erwerben und neue Ideen und Techniken zu entwickeln, die ich später in die Praxis würde umsetzen können.
Wie bist du mit deinem aktuellen Betreuer an der ETH Zürich in Kontakt gekommen?
Ich habe mich während meines Doktorats an Professor Su gewandt. Unsere Gruppen hatten bereits laufende Kooperationen und ich kam als Gastdoktorand and die ETH Zürich, um mit Dominik Winterer an einem Projekt mit dem Namen «Yin-Yang» zu arbeiten. Unser Ziel war es, Verifikationssoftware zuverlässiger und leistungsfähiger zu machen. Ich hatte eine tolle Zeit und nach der Verteidigung beschloss ich für meinen Postdoc an die ETH und ins AST Lab zurückzukehren.
Ist es schwierig, eine gute Postdoc-Stelle zu finden?
Ich denke, es hängt davon ab, wie gut deine Arbeit mit der des Professors übereinstimmt. Die Hauptschwierigkeit ist die geeignete Passform: Es ist wichtig, an ähnlichen Themen oder mit ähnlichen Tools zu arbeiten.
Würdest du sagen, dass die Wahl des Themas, oder die der betreuenden Person wichtiger ist?
Bei der Auswahl meiner Betreuenden achte ich auf die Personen selbst und nicht auf ein bestimmtes Thema. Das Thema ist eine Chance, die betreuende Person und die Studierenden zusammenzubringen, aber das Wichtigste ist die Wahl einer guten Mentorin oder eines guten Mentors. Damit meine ich, jemanden zu finden, der sich um seine Studierenden kümmert und sie unterstützt, wenn sie Hilfe benötigen. Die betreuende Person sollte eine Vision von der Forschung haben und dich durch deine Projekte begleiten. Sie sollte sich aber auch für dich und deine Karriere interessieren.
«Das Thema ist eine Chance, die betreuende Person und die Studierenden zusammenzubringen, aber das Wichtigste ist die Wahl einer guten Mentorin oder eines guten Mentors.»Dr. Chengyu Zhang, Postdoc im Advanced Software Technologies (AST) von Professor Zhendong Su
Was ist für dich die grösste Herausforderung am Postdoc?
Die grösste Herausforderung besteht darin, sich an den Wechsel vom Studierenden zum unabhängigen Forschenden zu gewöhnen. Als Student ging es mir nur darum, das Forschungsprojekt voranzutreiben. Aber als Postdoktorand muss ich noch viele andere Dinge beachten: Zum einen muss ich meine eigene Vision und Richtung für das Projekt vorschlagen und nicht den Anweisungen des Professors folgen. Zum anderen muss ich Studierende betreuen, Vorlesungen vorbereiten und halten sowie anfangen, Fördermittel zu beantragen.
Es gibt viel zu lernen und viel mehr zu tun, als ich es als Doktorand gewohnt war, aber ich denke, es bereitet mich gut darauf vor, später Professor zu werden.
Wann hast du dich entschieden, Professor werden zu wollen?
Meine Motivation zu promovieren war zunächst meine technischen Fähigkeiten zu verbessern, um schliesslich ein Start-up aufbauen zu können. Aber während dieser Zeit wurde mir klar, dass ich die akademische Forschung, das Lehren und die Betreuung von Studierenden sehr mochte. Da entschied ich mich, Professor zu werden. Ich kann mir vorstellen sowohl in Europa als auch in China eine Stelle anzunehmen, denn jeder Ort hat seine Vorteile.
Was braucht es für Fähigkeiten und Qualitäten, um Professorin oder Professor zu werden?
Man muss reif sein. Und man sollte sicher sein, dass man Studierende betreuen und gute Vorlesungen halten kann. In beiden Dingen übe ich mich gerade. Als Professorin oder Professor ist man nicht nur für ein Forschungsprojekt verantwortlich, sondern für jeden einzelnen Studenten und jede einzelne Studentin, für die Qualität ihrer Arbeit, für ihren Abschluss und für ihren persönlichen und akademischen Erfolg.
Gibt es an der ETH Zürich Unterstützungs- oder Weiterbildungsangebote für junge Forschende, um sie auf den Weg zu bringen?Ja. Sowohl Professor Su als auch die ETH unterstützen mich sehr. Ich bin sehr zufrieden mit der Umgebung hier. Es gibt viele Karriereveranstaltungen und Schulungen dazu, wie man sich um Fördermittel oder auf Lehrstellen bewirbt oder wie man seine Karriere plant. Diese Ressourcen sind sehr hilfreich.
Hast du dich bereits auf Professuren beworben?
Nein, noch nicht, aber ich werde das bald tun. Ich denke, es ist wichtig, dass ich bereit bin für die vielen Herausforderungen, die eine Professur mit sich bringt. Andererseits habe ich mit meinem Betreuer und anderen Kolleginnen und Kollegen gesprochen und viele von ihnen haben gesagt, dass man sich nie ganz bereit fühlt. Irgendwann muss man ins kalte Wasser springen und Dinge dadurch lernen, dass man sie einfach tut.
Was ist deine nächste grosse Herausforderung?
Selbstverständlich ist die Bewerbung um eine Professur eine davon. Noch wichtiger wird es wohl sein, meine Vision von Forschung zu definieren. Als Student wird man von derbetreuenden Person in die richtige Richtung gewiesen und man muss einfach Anweisungen befolgen. Als unabhängiger Forschender muss man seine eigenen Weichenstellungen und Ziele festlegen. Dies bedeutet, dass man ein bisschen experimentieren und sich gut in sein Fachgebiet einarbeiten muss.
Was würdest du Studierenden raten, wenn sie eine akademische Laufbahn in Betracht ziehen?
Zwei Dinge. Erstens: «Folge deinem Herzen und tu, was du gerne machst». Es ist wichtig, gute Chancen zu ergreifen und herauszufinden, was für einen selbst am besten ist, anstatt blind das zu tun, was andere tun oder andere von einem erwarten.
Zweitens: «Entwickle deine Identität als forschende Person». Es ist gut, sich auf eine Forschungsfrage zu konzentrieren und so früh wie möglich die eigene Forschungsgrundlage aufzubauen. Das ist sehr hilfreich für die akademische Laufbahn.
«Entwickle deine Identität als forschende Person. Es ist gut, sich auf eine Forschungsfrage zu konzentrieren und so früh wie möglich die eigene Forschungsgrundlage aufzubauen.»Dr. Chengyu Zhang, Postdoc im Advanced Software Technologies (AST) von Professor Zhendong Su
Hast du den Eindruck, dass es zwischen der Wissenschaft und dem Privatsektor einen starken Wettbewerb um die Rekrutierung von Studierenden gibt?
Ich denke, es hängt von der Persönlichkeit eines jeden Menschen ab. Ich persönlich bin gerne mit jungen Menschen in Kontakt, helfe Studierenden und sehe, wie sie sich entwickeln und ihren Abschluss machen. Aus diesem Grund habe ich mich für die Wissenschaft entschieden. Einige meiner Freunde arbeiten lieber an technischen Lösungen, die direkt im Alltag anwendbar sind, weshalb sie vielleicht den Wirtschaftssektor bevorzugen..
Es geht nicht um eine Frage des Wettbewerbs, sondern darum, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Wege einschlagen. Deshalb ist es für mich auch wichtiger, meinem Herzen und meiner Intuition, als anderen Menschen zu folgen.
Mehr Informationen
- GAP-Interviewreihe und Veranstaltung
- Doktoratsstudium am Departement Informatik
- Advanced Software Technologies Lab
- externe Seite Dr Chengyu Zhang (persönliche Website)
- externe Seite Dominik Winterer (persönliche Website)