Geschichte zur Gründung der Frauenförderung
Die Frauenförderung (FF) am Department Informatik (D-INFK) der ETH Zürich begann als informelle Gruppe und wurde im Laufe der Zeit zu einer institutionellen Organisation. Heute besteht sie aus engagierten Mitgliedern und veranstaltet regelmässig Events zur Nachwuchsförderung und Förderung von Frauen im Informatikstudium.
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Die Frauenförderung hat ihren Ursprung in den frühen 1990er Jahren. Sie entstand aus der Notwendigkeit, dem sehr geringen Frauenanteil im Informatikstudium zu begegnen. Besonders drastisch waren die Zahlen bei den Erstsemestrigen: 1993 gab es nur eine einzige Frau unter 240 neuen Studierenden, was einem Frauenanteil von lediglich 0,4 % entsprach. Dieser Tiefpunkt motivierte Vertreter:innen des Mittelbaus, auf das Departement zuzugehen und um Unterstützung für eine Frauenförderungsgruppe zu bitten. Ihr Ziel war es, das Informatikstudium bei Schülerinnen bekannter zu machen und gleichzeitig eine Vernetzung der wenigen Studentinnen zu ermöglichen.
Die folgende Timeline zeigt zentrale Etappen der Frauenförderung am D-INFK – von den ersten Ideen und Initiativen Anfang der 1990er-Jahre bis hin zur heutigen Form als aktives Netzwerk. Sie dokumentiert, wie sich aus einem dringenden Bedarf eine nachhaltige Struktur entwickelt hat, die über drei Jahrzehnte hinweg wichtige Impulse für mehr Sichtbarkeit, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung in der Informatik gesetzt hat.
Timeline
1989

Prof. Carl August Zehnder, Mitbegründer des Departements Informatik und Pionier der Informatikförderung, schlägt regelmässige Kaffeerunden zwischen den Informatik-Studentinnen und Informatik-Doktorierenden und der Professorenschaft vor. Diese sollen einen Austausch ermöglichen, zur Vernetzung beitragen und gezielte Förderung schaffen – der Grundstein für spätere Frauenförderungsinitiativen.
1991
Sowohl innerhalb des Departements Informatik als auch ETH-weit gewinnt das Thema Frauenförderung an Bedeutung: Prof. Walter Gander, damaliger Abteilungsvorsteher (heute vergleichbar mit dem Studiendirektor) des D-INFK, erkennt die Notwendigkeit, das Fach Informatik sichtbarer zu machen und gezielt mehr Studierende – insbesondere Frauen – dafür zu gewinnen. Er verfasst eine Broschüre zum Anlass der Kontaktparty (heute die grösste akademische IT-Recruiting-Messe der Schweiz) im Oktober, in der er die Bedeutung der Frauenförderung betont. Parallel dazu initiiert Prof. externe Seite Katharina von Salis vom Departement Erd- und Planetenwissenschaften eine ETH-weite Umfrage, die den Wunsch nach mehr Professorinnen deutlich macht. Ihre Ergebnisse bringt sie erfolgreich ins Direktorat ein und verstärkt damit die Forderung nach struktureller Förderung von Frauen an der ETH Zürich.
1992

Am 6. Mai hält Walter Gander an einer Tagung für Gymnasiallehrpersonen eine Rede mit dem Titel „Was ist Informatik“. Diese wird anschliessend auch in der NZZ veröffentlicht. Darin thematisiert er die Modernisierung des Unterrichts und die gezielte Förderung von Frauen in der Informatik. Kurz darauf ruft er Gymnasialrektor:innen in einem Brief auf, gezielt Mädchen für das Fach zu motivieren. Im Rahmen der «Maturitätsverordnungs-Revision (MAV-Revision)» wird entschieden, dass Programmieren kein eigenes Fach mehr ist, sondern fächerübergreifend behandelt werden soll – gegen den Widerstand von Walter Gander und ETH-Rektor externe Seite Hans von Gunten. Im selben Jahr organisiert Gander einen ersten Orientierungstag speziell für Gymnasiastinnen.
Download Vorlesung «Was ist Informatik» (PDF, 172 KB) (Walter Gander, 06.05.1992)
Artikel «Verkommt der Schüler zum Computerbenutzer? Fragwürdiger Paradigmenwechsel im Informatikunterricht» (Neue Zürcher Zeitung, 25.06.1992)
1993 - Meilenstein
Am Departement Informatik wird die Frauenförderung gegründet. Sie funktioniert zu dieser Zeit noch als «informelle» Initiative und wird von engagierten Mitgliedern des Mittelbaus getragen, die sich für eine langfristige und institutionelle Unterstützung von Frauen in der Informatik einsetzen.
1994

Die Frauenförderung organisiert erstmals eine Studienwoche für Maturandinnen mit Workshops und Vorträgen zur Informatik. Diese Woche bildet die Grundlage für das heutige Schnupperstudium.
Download Erste Studienwoche Informatik für Mittelschülerinnen (PDF, 27.7 MB) (20. bis 25. März 1994)
1996
Auf Initiative des Departements Informatik werden die Mittelschülerinnentage eingeführt: Schülerinnen aus der Deutschschweiz erhalten die Möglichkeit, einen Tag lang die ETH Zürich zu besuchen und das Departement sowie das Informatikstudium kennenzulernen. Mit dem Anlass will das Departement dem häufig auftretenden Vorurteil entgegentreten, dass ein Informatikstudium hauptsächlich aus dem Erlernen von Programmiersprachen bestehe. Der Event wird später ETH-weit institutionalisiert (heute: Studieninformationstage) und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Rekrutierung zukünftiger Studierenden.
1999 - Meilenstein
Die Mittelbauvertretung beantragt die formale Institutionalisierung der Frauenförderung. Prof. externe Seite Jürg Nievergelt unterstützt dieses Anliegen massgeblich. Die Frauenförderung wird offiziell anerkannt, finanziell abgesichert und das Leitungsteam erhält Kreditpunkte. Zudem findet das erste einwöchige «Schnupperstudium Informatik» für Maturandinnen statt, mit Programmierkursen, Studieninformationen und Einblicken in die Forschung.
2000

Auf Departementsebene wird eine eigene Webseite für die Frauenförderung eingerichtet. Sie dient als Informationsplattform und Diskussionsforum, gestaltet für ein breites Publikum. Im selben Jahr erscheint der Artikel «Erfahrungen und Gedanken zur Frauenförderung in der Informatik» von Nora Sleumer (damalige Co-Leiterin der FF) und Jürg Nievergelt – ein früher Reflexionsbeitrag zur Entwicklung und Bedeutung der Initiative.
Download Artikel «Erfahrungen und Gedanken zur Frauenförderung in der Informatik» (PDF, 59 KB) (Nora Sleumer, Jürg Nievergelt, 23.12.2000)
2001 - Meilenstein

Prof. Ueli Maurer übernimmt die Leitung der Frauenförderung, unterstützt von Werner Hartmann, Oberassistent am D-INFK. Im selben Jahr wird das Projekt «Frauenförderung an der ETH Zürich» beim nationalen Wettbewerb Ritter der Kommunikation mit einem Preis sowie dem Förderpreis Mädchen und ICT ausgezeichnet – eine Würdigung ihres Beitrags zur digitalen Chancengleichheit.
externe Seite Pressemeldung «Bundespräsident prämiert Ritter der Kommunikation 2001»
2005

Werner Hartmann tritt als Stellvertretender FF-Verantwortlicher zurück und verlässt die ETH Zürich. Ab Juni 2005 übernimmt Professor Friedemann Mattern die Verantwortung für die Frauenförderung. Schwerpunkt seiner Amtszeit ist die gezielte Ansprache potenzieller Studentinnen – unter anderem durch Schulbesuche, Informationsmaterial und Kooperation mit Mathematiklehrpersonen.
2009

Die FF nimmt im März am 5. "European Symposium on Gender & ICT" an der Universität Bremen teil. Adrian Altenhoff und Christina Pöpper präsentieren ihren peer-reviewten Artikel ”What drives young women to study computer science in Switzerland? Experiences on promoting computer science studies for female high school graduates”. Zudem erweitert sich in dieser Zeit die Perspektive der Frauenförderung: Nicht nur mehr Frauen sollen für das Studium begeistert, sondern auch Strukturen angepasst werden.
Download Artikel ”What drives young women to study computer science in Switzerland? Experiences on promoting computer science studies for female high school graduates” (PDF, 372 KB) (Christina Pöpper, Adrian Altenhoff, Januar 2009)
2011

Nach acht Jahren übergibt Prof. Friedemann Mattern die Leitung an Prof. Olga Sorkine-Hornung. Während seiner Amtszeit verteidigte er die Initiative konsequent gegen interne und externe Widerstände und sorgte so für ihre Kontinuität.
2016 - Meilenstein

Das Netzwerk tritt unter dem neuen Namen «CSNOW – Network of Women in Computer Science» und mit frischem Logo auf – ein umfassendes Rebranding der Frauenförderung am D-INFK.
Newsbeitrag «Vom Forum zum Netzwerk für Frauen in der Informatik» (CSNOW, 31.10.2016)
Fotogallerie «Start des Network of Women in Computer Science» (CSNOW, 02.11.2016)
2020

Prof. Julia Vogt übernimmt die Leitung der Frauenförderung von Prof. Olga Sorkine-Hornung nach achtjähriger Amtszeit. Corona-bedingt findet das zweite Schnupperstudium des Jahres erstmals vollständig, aber in verkürzter Form, online statt.
Interview «Frauen sind in der Informatik genauso gut wie Männer» mit Professorin Olga Sorkine-Hornung und Doktorandin Lara Schmid (D-INFK News 24.01.2020)

Ein Jahr nach dem offiziellen Jubiläum findet im Frühjahr 2024 die feierliche Veranstaltung zum 30-jährigen Bestehen der Frauenförderung am D-INFK statt. Rund 80 Gäste nehmen teil – darunter Alumnae, Studierende, Forschende und langjährige Wegbegleiter:innen. Der Anlass bietet Raum für Rückblick und Austausch: Mit Vorträgen renommierter Expertinnen, einer Podiumsdiskussion und einem anschliessenden Networking-Apéro wird das Erreichte gewürdigt und der Blick in die Zukunft gerichtet. Als besondere Anerkennung erhält CSNOW zudem im selben Jahr den zweiten Platz beim ETH Diversity Award in der Kategorie Gruppen und Organisationen – eine Auszeichnung, die das langjährige Engagement für Chancengleichheit und Sichtbarkeit von Frauen in der Informatik unterstreicht.

Weitere Informationen
- externe Seite Artikel «Schlechtes Image, gute Perspektiven» (Tagesanzeiger, 11.04.2010)
- Download Artikel «Das Ziel heisst 50 Prozent Frauen» (Tagesanzeiger, 10.03.2001)
- Artikel «Veränderung beginnt mit den Frauen» (D-INFK, 25.03.2011)
- externe Seite Artikel «Maus sucht Frau – ETH-Frauenförderung Informatik» (Pia Etter Sturm, 15.01.2013)
- externe Seite Broschüre «Informatikerin – eine vielseitige Zukunft» (Bettina Kemme, Hans-Martin Will, 22.07.2014)
- Artikel «Lasst die Frauen programmieren» (D-INFK, 26.07.2019)
- Artikel «Es ist enorm spannend, bei der Forschung vorne dabei zu sein» (D-INFK, 23.03.2021)
- Artikel «Ich begeistere mich für Informatik und wollte sehen, ob die ETH Zürich ein guter Ort für mein Studium wäre» (D-INFK, 06.03.2023)
- Artikel «Die Welt der Informatik kennenlernen» (D-INFK, 28.09.2023)
- Artikel «Diversität entschlüsseln» (CSNOW, 24.04.2024)
- Webseite CSNOW - Network of Women in Computer Science
- externe Seite Fotogalerie CSNOW
Hinweis und Danksagung
Diese historische Aufarbeitung zur Gründung und Entwicklung der Frauenförderung am D-INFK basiert auf verfügbaren Dokumenten sowie auf Gesprächen mit Zeitzeug:innen. Besonderer Dank gilt Prof. em. Walter Gander, Prof. em. Friedemann Mattern, Dr. Andrea Kennel sowie dem heutigen CSNOW-Team für ihre wertvollen Beiträge.
Ergänzungen, Hinweise oder Korrekturen nehmen wir gerne entgegen unter: communications@inf.ethz.ch.
Stand: 23.06.2025