Entwicklung des Departements
Im Herbstsemester 1981 begannen die ersten Studierenden ihr Informatikstudium an der ETH Zürich. Doch die Entwicklungen, die schliesslich dazu führen würden, begannen schon mehr als dreissig Jahre früher.
Die Geschichte der Informatik an der ETH Zürich begann 1948, als Mathematikprofessor Eduard Stiefel das Institut für Angewandte Mathematik gründete. Das Ziel des neuen Instituts war es, programmierbare Rechenleistung an der ETH Zürich verfügbar zu machen – zu einer Zeit, als weltweit kaum mehr als ein Dutzend Computer in Betrieb waren.
Da der Bau eines eigenen Computers mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde, mietete Stiefel 1950 die Relais-Rechenmaschine Zuse Z4 für fünf Jahre. Zur gleichen Zeit begannen Stiefel und seine beiden Assistenten Ambros Speiser und Heinz Rutishauser mit der Entwicklung der Elektronischen Rechenmaschine der ETH, kurz ERMETH. Das notwendige Wissen erwarben die Forschenden auf Studienreisen in England und den USA.
Die ERMETH nahm ihren Betrieb 1956 auf. Ambros Speiser hatte die ETH Zürich unterdessen verlassen und war zur IBM gewechselt, wo er das Forschungszentrum in Rüschlikon aufbaute, das auch heute noch aktiv ist. Heinz Rutishauser arbeitete weiterhin mit der ERMETH im Institut für Angewandte Mathematik. Als Mitglied der Gesellschaft für Angewandte Mathematik und Mechanik (GAMM) beteiligte er sich an der Entwicklung der Programmiersprache Algol (Algorithmic Language). An einer gemeinsamen Konferenz der GAMM und der amerikanischen Association for Computing Machinery (ACM), die 1958 an der ETH Zürich stattfand, verabschiedeten Rutishauser und weitere Forschende aus den beiden Organisationen den ersten Bericht zu Algol-58. Hans Rudolf Schwarz, ein Mitarbeiter von Stiefel, schrieb daraufhin einen Algol-Compiler für die ERMETH. Rutishauser verfasste ein Handbuch über Algol-60 und baute den ALCOR-Programmsammeldienst für den Austausch von Programmen mit anderen Universitäten auf.
1963 wurde die ERMETH stillgelegt. Die Computerindustrie hatte einen Entwicklungssprung gemacht, der Eigenbau von Grossrechnern lohnte sich nicht mehr. Also schaffte die ETH Zürich 1964 als Nachfolge der ERMETH einen CDC-1604-Grosscomputer an und gründete das Rechenzentrum. Die neue Maschine war 400-mal schneller als die ERMETH, aber auch aufwändiger in Wartung und Betrieb. Gleichzeitig verschob sich die Forschungstätigkeit des Instituts für Angewandte Mathematik weg von Hardware und mehr in Richtung Algorithmen, Programmierung und Anwendung. Mit der Gründung des Rechenzentrums wurde der Betrieb des Computers direkt der Schulleitung unterstellt und lag somit nicht mehr in der Verantwortung des Instituts für Angewandte Mathematik.
1968 spaltete sich das Institut für Angewandte Mathematik. Eduard Stiefel bearbeitete mit seinen Assistenten weiterhin Probleme der Himmelsmechanik. Heinz Rutishauser gründete aber die Fachgruppe für Computerwissenschaften, der auch Peter Läuchli und Niklaus Wirth angehörten. Eine kurze Zeit später trat Carl August Zehnder der Gruppe bei. Rutishauser verstarb 1970 und kurz danach wurde die Fachgruppe in das Institut für Informatik unbenannt.
Grünes Licht fürs Informatikstudium
Bis zur Einführung des Studiengangs Informatik vergingen noch zehn Jahre, denn es war zu Beginn nicht einfach, die anderen Abteilungen der ETH und die Industrie von der Informatik als Wissenschaft zu überzeugen. Dank dem grossen Engagement von Zehnder und Wirth wurden 1981 die Abteilung für Informatik (Abteilung IIIC) gegründet und der Diplomstudiengang Informatikingenieur lanciert.
In den Jahren bis zur Einführung des Studiengangs konzentrierte sich das Institut für Informatik auf die Forschung. So entstanden in dieser Zeit die Programmiersprache Pascal und die Workstation Lilith in der Gruppe von Niklaus Wirth. Wirths Doktorand Hans-Peter Frei – später selber Professor am Institut für Informatik – entwickelte das Unterrichtssystem Thales, und auch Jürg Nievergelt forschte auf dem Gebiet des computergestützten Lernens.
Mit der Gründung der Abteilung und der Einführung des eigenen Studiengangs wurde schliesslich 1981 der Grundstein für das heutige Departement Informatik gelegt. Um den grossen Bedarf an Fachkräften aus der Wirtschaft decken zu können, liess man bestehende ETH-Studierende gleich ins fünfte Semester des neuen Studiengangs wechseln, vorausgesetzt, sie hatten das zweite Vordiplom bestanden. Somit starteten im Herbst 1981 ca. 110 Studierende ins erste und 23 ins fünfte Semester ihres Informatikstudiums.
Das Interesse am Studiengang erwies sich als grösser als erwartet, und die anwesenden Professoren mussten auf einmal viel mehr unterrichten, bevor neue Professuren und Assistenzstellen Abhilfe schaffen konnten. Dennoch ging die Informatikforschung auch unmittelbar nach der Gründung der Abteilung IIIC weiter. So entwickelten die Gruppen von Niklaus Wirth und Jürg Gutknecht beispielsweise das Betriebssystem und die gleichnamige Programmiersprache Oberon, während die Gruppe von Hans-Peter Frei an einer Suchmaschine für Netzwerke arbeitete.
1988 wurde aus dem Institut für Informatik ein Departement (D-INFK), mit vier separaten Instituten. Bis 1996 bestand neben dem Departement auch noch die Abteilung, die für die Lehre zuständig blieb. Danach wurde diese «Matrixstruktur» wurde aufgehoben und die Verantwortung für die Lehre einem Studiendirektor am Departement übertragen. Somit nahm das D-INFK seine heutige Form an.
In der Geschichte der Informatik an der ETH Zürich engagierten sich Informatikforschende auch stets für die ETH als Ganzes, sei es bei der Digitalisierung der Schulverwaltung oder beim Informatikunterricht für andere Departemente, der bis heute kontinuierlich ausgebaut wird. Die rasante Entwicklung der Informatik prägte auch das D-INFK: Heute zählt es acht Institute und 43 Professorinnen und Professoren, die weltweit anerkannte Spitzenforschung betreiben.
Departement Informatik heute
Historische Dokumente
- Download vertical_align_bottom Pressemitteilung der ETH Zürich zur Einführung des Studiengangs Informatik 1981 (PDF, 121 KB)
- Download vertical_align_bottom Orientierung für die Mittelschulen zum neuen Studiengang Informatik 1981 (PDF, 941 KB)
- Download vertical_align_bottom Informatik an der ETH Zürich 1948–1981: Wissenschaft, Dienstleistung und Verwaltungselement (Andreas Nef und Tobias Wildi, 2006) (PDF, 747 KB)