Willkommen, Professor Valentina Boeva!

27.06.2019 | Anna Ettlin

Valentina Boeva ist seit Anfang Juni 2019 offiziell als Tenure-Track-Assistenzprofessorin für Biomedizininformatik am Departement Informatik der ETH Zürich tätig. In diesem kurzen Interview stellt sie sich vor.

Professor Valentina Boeva
Professorin Valentina Boeva ist seit Juni 2019 Tenure-Track-Assistenzprofessorin für Biomedizininformatik am Departement Informatik.

Frau Professor Boeva, willkommen an der ETH! Was sind Ihre aktuellen Forschungsinteressen?
Meine Forschung konzentriert sich auf das Verständnis der molekularen Prozesse, die zum aggressiven Verhalten von Krebszellen führen. Mit anderen Worten: Wie genetische und insbesondere epigenetische Veränderungen Krebszellen helfen, dem Zelltod zu widerstehen, die Immunüberwachung zu meiden und benachbarte Gewebe zu durchdringen. Obwohl es in diesem Bereich viele Fortschritte von einem rein molekularbiologischen Ansatz aus gegeben hat, hat uns der jüngste Paradigmenwechsel hin zu fortschrittlicher Datenanalyse (insbesondere durch maschinelle Lernalgorithmen) ermöglicht, biologische Muster zu identifizieren und ein weitaus besseres Verständnis dieser Phänomene zu erlangen, als bisher möglich war. Die Anwendung dieser Methoden, die sich aus den Fortschritten bei der Next-Generation-Sequenzierung und der besseren Verfügbarkeit von Rohdaten ergeben, wird durch die Fortschritte bei den Berechnungsmöglichkeiten ergänzt. Dies ist die Grundlage, auf der die biomedizinische Informatik aufbaut. Als junges, aber schnell wachsendes Gebiet gibt es viel Potenzial für ihre Anwendung zur Ermittlung der molekularen Prozesse, die Krebs verursachen.

Im Bereich der biomedizinischen Informatik konzentriere ich mich auf das Verständnis der Rolle epigenetischer Krebstreiber, d. h. wie Veränderungen der dreidimensionalen Struktur der DNA (anstatt der DNA-Sequenz selbst) und der molekularen Wegweiser entlang der DNA (epigenetische Marker) die Krebsentwicklung beeinflussen. Auf der funktionalen Ebene gehört dazu auch das Verständnis des Zusammenhangs zwischen genomischen Aberrationen und epigenetischen Veränderungen. Das ultimative Ziel ist es, Ärzten zu helfen, Behandlungsentscheidungen für Krebspatienten auf der Grundlage genomischer, epigenetischer, transkriptomischer und anderer Informationen zu treffen. Darüber hinaus wollen wir Berechnungsansätze entwickeln, die heute von Forschungs- und klinischen Teams auf der ganzen Welt zur Verarbeitung von unterschiedlichen
«-omik»-Daten verwendet werden [1]. So haben wir beispielsweise einen Klassifikator entwickelt, um Patienten mit Neuroblastom im Stadium 4 in die mittlere Risikogruppe und die Höchstrisikogruppe einzuteilen. Die mittlere Risikogruppe kann die Standardbehandlung erhalten, die Höchstrisikogruppe sollte in klinische Studien einbezogen werden. Es wurde vorhergesagt, dass die Standardbehandlung bei Patienten, die in die Höchstrisikogruppe eingestuft wurden, in etwa 95 % der Fälle überwiegend ineffektiv ist und eine andere Art der Therapie erforderlich wäre [2].

Welche Auswirkungen hat Ihre Forschung auf die Gesellschaft?
Krebs ist eine der primären Todesursachen in der heutigen Zeit. Er tötet jedes Jahr rund 8 Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Die Komplexität und Vielfalt der Krankheit sind der Grund für ihre Häufigkeit. In den letzten Jahren gab es jedoch grosse Fortschritte in Bereichen wie Diagnose, Vorhersage und Behandlung. Dies wird sich in naher Zukunft nur noch beschleunigen, auch dank der Entwicklung neuer Algorithmen und Berechnungsverfahren. Ich fühle mich geehrt, an dieser Forschung teilnehmen zu können, zumal das Feld, auf dem ich arbeite, relativ jung ist und unsere Arbeit es auch für kommende Generationen mitprägt.

Wo haben Sie gearbeitet, bevor Sie an die ETH kamen?
In den letzten drei Jahren war ich Gruppenleiterin des Labors für rechnergestützte Epigenetik von Krebs bei Inserm, an dessen Pariser Standort am Institut Cochin [3]. Das Institut Cochin konzentriert sich auf die biomedizinische Forschung und umfasst etwa 30 Forschungsteams, die in den Bereichen Krebs, Immunologie, embryonale Entwicklung und Fortpflanzung arbeiten. Das Institut pflegt auch eine sehr enge Beziehung zu Klinikerinnen und Klinikern. Bevor ich zum Institut Cochin kam, arbeitete ich etwa 7 Jahre lang am Institut Curie in Paris, der führenden französischen Institution für Krebsbehandlung und -forschung. 

Welche Lehrveranstaltungen werden Sie an der ETH unterrichten?
Ich arbeite gerade daran! Ich möchte zu einem Programm in rechnergestützter Biologie und Bioinformatik mit einem Schwerpunkt auf maschinellem Lernen beitragen, das auch «Aussenstehende» anspricht, die aus der Informatik, der angewandten Mathematik oder sogar aus der Physik und aus dem Ingenieurbereich kommen.

Was sind Ihre ersten Eindrücke von der Schweiz und der ETH?
Ich bin schon oft in Zürich gewesen und habe immer die eigentümliche Mischung aus Tradition und Innovation bewundert, die diesem Land innewohnt. Mir scheint auch, dass das Leben in unmittelbarer Nähe der Alpen (mein absoluter Favorit!) die Menschen dazu inspiriert, sich gut um die Natur zu kümmern. Es ist kein Wunder, dass die Schweiz in Bereichen wie Ökostrom, Abfallreduktion und nachhaltigem Verkehr führend ist. Das ist nur eine der vielen tollen Eigenschaften der Menschen hier in Zürich, die ich sehr schätze. 

Welchen Rat würden Sie Studierenden geben, die gerade erst in die Informatik einsteigen?
Ich empfehle, sich auf den Erwerb der grundlegenden Kenntnisse in Mathematik und Informatik zu konzentrieren, aber die aktuellen Trends (z. B. KI im Jahr 2019) im Auge zu behalten, um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreicher zu sein. Wenden Sie die erlernten Methoden während des Studiums wenn immer möglich auf reale Probleme an und beginnen Sie, ein Gefühl dafür zu bekommen, wo Sie arbeiten wollen. Es ist wichtig, dass Sie das, was Sie tun, auch lieben, denn die Motivation wird Sie durch die ganze Karriere tragen.

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert