Flavio Pfaffhauser: «Es war der ideale Zeitpunkt, den Sprung zu wagen»

Flavio Pfaffhauser schloss sein Masterstudium in Informatik an der ETH Zürich 2010 ab. Als Chief Innovation Officer (CIO) und Mitgründer des ETH Spin-offs Beekeeper ist es heute seine Mission, den aufsteigenden Softwareanbieter an die Weltspitze zu bringen.

Flavio Pfaffhauser
Der zielorientierte Unternehmer geniesst das Segeln als Ausgleich zu seinem stark digitalisierten Alltag.

Flavio Pfaffhauser, warum haben Sie sich damals für ein Informatikstudium an der ETH Zürich entschieden?
Computer und Internet faszinieren mich schon lange. Schon als Gymnasiast habe ich Webseiten programmiert und mir mit Hardwarekomponenten eigene PCs zusammengebaut. Ich wollte ganz genau verstehen, wie das alles funktioniert.

Welche Momente aus dem Studium sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Mein erster Programmiererfolg: In Eiffel habe ich einen Taschenrechner programmiert, in einer Vorlesung von Prof. Bertrand Meyer. Als Mitglied der ETH Juniors konnte ich bei Kaltakquisen am Telefon und Präsentationen bei Firmen meine Leidenschaft fürs unternehmerische Denken und Handeln optimal ausleben. Und schliesslich hat mir mein Austauschjahr an der University of Washington in Seattle lehrreiche Blicke über den Tellerrand ermöglicht.

Was haben Sie nach dem Studium gemacht?
Ich war ein halbes Jahr in Indien und machte dort ein Praktikum bei Accenture, einer internationalen Firma mit Fokus auf IT-Dienstleistungen und Consulting. Dort konnte ich beobachten, wie Large Scale Offshoring – die grossflächige Verlagerung betrieblicher Aktivität ins Ausland – für Kunden aus dem Westen funktioniert. Die sechs Monate waren sehr eindrücklich und zugleich ziemlich verrückt. Allein während meines Praktikums stellte Accenture weltweit tausende Mitarbeitende ein. Zurück in der Schweiz fokussierte ich mich auf meinen Traum, die Gründung einer eigenen Firma.

Ihr Traum einer Firmengründung wurde schon bald Realität. Wie kam es dazu?
Ich ging zielgerichtet vor: Um möglichst viel über die Anfangsphase einer Firma zu lernen, begann ich beim jungen Start-up Memonic als Software Engineer zu arbeiten. Dort war ich für eine Webapplikation zur Erstellung von Notizen zuständig. Die Idee, die schlussendlich zu Beekeeper führte, habe ich mit meinem Mitgründer über mehrere Wochenenden ausgearbeitet. Als wir die erste Runde bei Venture Kick gewannen, kündigten wir unsere Jobs und konzentrierten uns zu 100 % auf Beekeeper. Ich zögerte keine Sekunde, denn ich wusste ja schon seit dem Studium, dass ich eine eigene Firma gründen wollte. Zudem war Memonic damals in einer Neuorientierungsphase. Es war der ideale Zeitpunkt, den Sprung zu wagen.

Was macht Beekeeper?
Mit seiner Software bringt Beekeeper das Schwarze Brett mit internen Mitteilungen auf das Smartphone. Das Produkt vereint verschiedene Funktionen wie Feeds und Chats. Dadurch können Management und Mitarbeitende einfach und unkompliziert digital kommunizieren. Unsere Kunden sind vorwiegend Unternehmen aus Gastronomie, Industrie oder Bau – also überall dort, wo die Arbeit noch von Hand und nicht vom Schreibtisch aus erledigt wird.

Stimmt es, dass Beekeeper aus einer Flirt-Plattform entstanden ist?
Ja, das stimmt. Einige Zeilen Code, die ursprünglich für eine Flirt-App entstanden sind, sind heute noch Teil unserer Software. Bei beiden Anwendungen geht es um Kommunikation, einfach in unterschiedlichen Kontexten.

Was ist Ihre Rolle bei Beekeeper?
Seit meinem Start bei Beekeeper vor rund elf Jahren hat sich meine Rolle stark gewandelt. Ich übernehme jeweils die Aufgaben, mit denen ich am meisten zum Erfolg von Beekeeper beitragen kann. So bin ich nun nach zehn Amtsjahren als CTO (Chief Technology Officer) als CIO (Chief Innovation Officer) tätig, bin also verantwortlich für die Weiterentwicklung unserer Firma.

Was schätzen Sie besonders an Ihrem Beruf?
Die Abwechslung und das grosse Potenzial unserer mobilen Plattform in zahlreichen Branchen und Firmen. Ich schätze es, dass meine Kernkompetenz Informatik ein zentraler Aspekt meines Arbeitsalltags ist. Zudem macht es mir grossen Spass, als Mentor und Business Angel meine unternehmerische Erfahrung an die nächste Start-up-Generation weiterzugeben. Viele dieser jungen Firmen, beispielsweise Archlet oder Lightly, stammen aus dem ETH-Umfeld.

Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Das Segeln ist für mich ein perfekter Ausgleich zum stark digitalisierten Alltag. Diese archaische Form der Fortbewegung in Wind und Wetter fasziniert mich.

Was war Ihre Lieblingsvorlesung?
Eigentlich alle Veranstaltungen von Prof. Donald Kossmann. Ich mochte seinen Humor sehr und habe dadurch ganz leicht gelernt. Ausserdem haben mich Informationssysteme und Datenbanken von Anfang an stark interessiert. Entsprechend habe ich das Thema für meine Masterarbeit gewählt und diese über das modulare Cloud-Speichersystem Cloudy geschrieben.

Was wünschen Sie dem Departement Informatik zum 40. Geburtstag?
Ich wünsche dem D-INFK, dass es weiterhin eine hochwertige Ausbildung anbietet, relevante Forschung betreibt und sich auch künftig für Informatik an der Primarschule einsetzt. Weiter wünsche ich dem Departement, dass es das Unternehmertum der Studierenden stets fördert und sich mit anderen Disziplinen vernetzt. Und ganz persönlich fände ich es grossartig, wenn das Departement noch enger mit dem Informatik-Alumni-Verein IAETH zusammenarbeiten würde. Im Alumni-Netzwerk steckt viel Potenzial.

 

 

40 Jahre D-​INFK

1981 wurde der Studiengang Informatik an der ETH Zürich eingeführt. Gleichzeitig wurde die Abteilung IIIC gegründet, der Grundstein für das heutige Departement Informatik. Im Rahmen des 40-​jährigen Jubiläums stellen wir Alumnae und Alumni vor, die in den letzten vier Jahrzehnten ihr Wissen und ihre Fähigkeiten von der ETH Zürich in die Welt getragen haben.

Jubiläumswebseite

 

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