«Die Kultur- und Wertediskussion steht allen offen»

Das Projekt rETHink wurde 2020 von Präsident Joël Mesot initiiert. Über 600 ETH-Angehörige haben sich bisher in unterschiedlichen Funktionen an den sechs Workstreams beteiligt. Einer von ihnen ist Andre Kahles, Senior Scientist in der Biomedical Informatics Group (BMI) am Departement Informatik.

rETHink - Kultur- und Wertediskussion
V.l.: Konstantin Donhauser, Andre Kahles, Martina Baumann, Ximena Bonilla, Julia Hörrmann  

Andre, du bist im rETHink-Workstream 6 mit dem Thema Kulturentwicklung involviert. Worum geht es in diesem Stream?
Die ETH Zürich ist eine mittlerweile sehr grosse Organisation, die aus vielen Untereinheiten und zuletzt aus Individuen besteht. Wir ETH-Mitglieder bewirken gemeinsam, wie die ETH Zürich agiert, was sie schafft und wie sie wahrgenommen wird – nach innen und nach aussen. Dieses Zusammenwirken ist ein dynamischer Vorgang, der sich immer wieder anpassen muss, weil die Menschen und auch die Rahmenbedingungen sich stetig verändern. Die Konstante in der Dynamik sind unsere gemeinsame Kultur und die gemeinsamen Werte, die wir mit der ETH verbinden und bei der Arbeit leben. Doch auch diese Konstante ist nicht in Stein gemeisselt. Durch die Veränderungen in der Organisation und ihrer Umgebung müssen diese gemeinsamen Werte immer wieder neu verhandelt werden. Der Workstream Kulturentwicklung begleitet diesen Verhandlungsprozess mit dem Ziel, einen kontinuierlichen Dialog zwischen den Mitarbeitenden zu initiieren.

Was versteht man eigentlich unter Kultur?
Wie bereits gesagt, sind es die Menschen, die die ETH Zürich ausmachen. Sobald verschiedene Personen miteinander interagieren, entsteht Kultur. Es gibt quasi keine Zusammenarbeit ohne Kultur. Basierend auf unseren Erwartungen an uns selbst und an andere sowie auf unseren Gewohnheiten entwickelt sich ein Miteinander – eine Art und Weise, wie wir einander begegnen und miteinander umgehen. Dies hat nicht nur Einfluss darauf, wie wir zusammenarbeiten, sondern auch darauf, was wir gemeinsam schaffen und was wir voneinander lernen können. Da kommt man dann schnell zu Fragen: Sind uns die gleichen Dinge wichtig? Haben wir die gleichen Ziele? Wie wollen wir gemeinsam arbeiten? Wenn man sich da im Team einig ist (explizit oder implizit), kann das nicht nur einen positiven Effekt auf das Ergebnis haben, sondern auch den Weg dorthin erleichtern.

Die Kultur ist also wichtiger Bestandteil jeder Organisation und drückt sich in Werten aus, die den Arbeitsalltag prägen. Welche Werte sind das derzeit an der ETH Zürich?
Nach einem ausführlichen Konsultationsprozess hat die Strategiekommission der ETH eine Charta von fünf Kernwerten vorgeschlagen: Verantwortung, Offenheit, Diversität, Teamgeist und Exzellenz. Nun habe ich eben gesagt, dass jedes Team seine eigenen Regeln verhandelt. Da wirken vorgeschlagene Werte von extern im ersten Moment möglicherweise ein wenig fremdbestimmt. Deswegen geht es im nächsten Schritt genau darum, alle Mitarbeitenden der ETH Zürich einzubeziehen und gemeinsam zu reflektieren, ob wir uns mit den vorgeschlagenen Kernwerten identifizieren können. Die Kultur- und Wertediskussion steht allen offen und einigen zentralen Fragen können wir uns nur im gemeinsamen Austausch stellen: Wie stehen wir zu den vorgeschlagenen Werten? Welche Kultur haben wir in unserem Team und wie leben wir sie? Was möchten wir ändern, und wie könnten wir das tun? Haben wir eine Vision, wie die Kultur an der ETH Zürich künftig ausschauen könnte?

Du bist am Departement Informatik die Kontaktperson für diesen Prozess der Kultur- und Wertediskussion. Wie ist es dazu gekommen, und was genau ist deine Aufgabe?
Das war relativ einfach. Der Departementsvorsteher suchte eine Schnittstellenperson und ich meldete mich, weil ich den Prozess nicht nur spannend, sondern auch wichtig finde. Es ist selten, dass man direkt daran teilhaben kann, wie sich eine akademische Institution selbst neu definiert. Meine Aufgabe als Kontaktperson ist es, als Verbindungsglied zwischen dem Departement und dem Kernteam des WS6 zu agieren. Einerseits stehe ich den Mitgliedern des Departements bei Fragen zur Verfügung, andererseits gebe ich dem Kernteam Rückmeldung über den Verlauf der Diskussionen oder etwaige organisatorische Probleme.

Können sich alle Departementsmitglieder an dieser Kulturdiskussion beteiligen?
Ja, absolut. Dies ist ein dezentraler Prozess und jede und jeder am Departement / jedes ETH-Mitglied ist herzlich eingeladen, eine Kultur- und Wertediskussion zu starten. Eine solche Diskussion kann innerhalb eines bestehenden Teams oder auch über verschiedene Gruppen hinweg geführt werden. Wer keine Zeit für einen Workshop hat, kann auch ein Mittagessen oder eine verlängerte Kaffeepause dafür nutzen. Wichtig ist, dass eine Person den Lead übernimmt und im Anschluss das Feedback an den Workstream 6 über die hierfür eingerichtete Webseite weiterleitet.

Hast du selbst bereits eine Diskussionsrunde organisiert?
Ja, ich habe eine Lunch-Diskussion am Institut für Maschinelles Lernen organisiert. Hier war es mir wichtig, vor allem Teilnehmende aus ganz unterschiedlichen Teams und Arbeitsumfeldern zusammenzuwürfeln – also von der Postdoktorierenden über die administrative Assistenz bis hin zur wissenschaftlichen Koordinatorin. Menschen, die sich sonst nicht täglich begegnen. Wir hatten eine ungezwungene, aber sehr spannende Diskussion von rund einer Stunde. Der durch das Kernteam bereitgestellte Moderationsleitfaden war hier sehr hilfreich und hat dem Gespräch eine gute Struktur gegeben, sodass wir am Ende auch ein Ergebnis hatten.  

Einstieg in die Kultur- und Wertediskussion

Wer sich an der Kultur- und Wertediskussion beteiligen möchte, findet nebenstehend weitere Informationen und Unterlagen.

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert