«Wir wollen die ETH gut positionieren und den Studierenden eine tolle Ausbildung bieten»

18 Jahre lang prägte Denise Spicher die Studienadministration des D-INFK – nun geht sie in den Ruhestand. Im Interview beschreibt sie den Wandel im Departement, spricht über die Quelle ihres Engagements und erinnert sich an einen besonderen Zwischenfall mit einem Studenten.

Eine Frau einem Balkon der ETH Zürich.
Nach 18 Jahren in der Studienadministration des D-INFK geht Denise Spicher in den Ruhestand. (Foto: Olivier Nüesch, ETH Zürich)

Denise, deine Pensionierung steht kurz bevor. Wie fühlst du dich?
Denise Spicher: Ich fühle mich sehr gut. Ich freue mich darauf, mehr Zeit für mich zu haben und meinen Tagesablauf selbst bestimmen zu können. Anfangs musste ich mich erst an den Gedanken gewöhnen – es ist ja ein neuer Lebensabschnitt. Aber inzwischen blicke ich mit Vorfreude und Neugierde darauf.

Im Juni 2007, also vor 18 Jahren, hast du deine Stelle bei der ETH Zürich angetreten. Wie kam es dazu?
Ich habe damals ein Inserat in der Zeitung gesehen. Da ich ohnehin auf der Suche nach einer neuen Herausforderung war, zeigte ich es meinem Partner – und er motivierte mich, mich zu bewerben. Kurz darauf erhielt ich einen Anruf von Peter Koschitz, dem damaligen Departements-Koordinator, der mich zu einem Bewerbungsgespräch einlud. Dabei lernte ich in einem lockeren Gespräch meinen Vorgänger Hans Dubach und den damaligen Studiendirektor Professor Jürg Gutknecht kennen. Beim zweiten Termin traf ich dann auf Professor Markus Gross – und kurz darauf erhielt ich die Zusage für die Stelle.

Wie war deine Anfangszeit?
Ich wurde ziemlich ins kalte Wasser geworfen. Die Hochschulwelt war komplett neu für mich – vorher hatte ich in einer Anwaltskanzlei als HR-Fachfrau gearbeitet. Plötzlich waren Studierende und Professorinnen und Professoren meine «Kundschaft». Es dauerte eine Weile, bis ich mich eingearbeitet hatte und wirklich durchstarten konnte.

«Die Arbeit mit jungen Menschen und meine Rolle als Bindeglied im Department haben mir die grösste Freude bereitet»
Denise Spicher, Student Administration

Welchen Wandel hast du im Laufe der Jahre im Departement erlebt?
In den ersten Jahren kannte ich viele Studierende noch persönlich. Damals lief vieles noch auf Papier – zum Beispiel mussten die Studierenden die Masterarbeit persönlich bei mir anmelden. Dabei konnte man gleich andere Fragen besprechen. Heute ist vieles digitalisiert, was vieles vereinfacht, aber auch zu weniger persönlichen Kontakten führt. Das finde ich schade, aber es ist Teil eines grösseren gesellschaftlichen Wandels, der sich seit der Pandemie stark beschleunigt hat.

Wie haben sich die Studierenden verändert?
Sie sind deutlich internationaler geworden, vor allem auf Masterstufe. Das freut uns natürlich, bedeutet aber auch mehr Aufwand in der Administration. Viele dieser Studierenden möchten bei Tech-Firmen wie Google, IBM oder Microsoft ein Praktikum absolvieren, was im Studienplan nicht vorgesehen ist. Für sie ist es deshalb oft schwierig, eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. In solchen Fällen bekommen wir viele Anfragen und versuchen, bestmöglich zu unterstützen.

Denise Spicher arbeitet seit Juni 2007 an der ETH Zürich.
 (Bild: Denise Spicher)

Was hat dir an deiner Arbeit besonders Freude bereitet?
Die Arbeit mit jungen Menschen – und die Rolle als Bindeglied im Departement. Ich habe die Studienadministration immer als Drehscheibe gesehen: Wir sind Anlaufstelle für Studierende, Assistierende und Professorinnen und Professoren. Das hat mir sehr gefallen. Natürlich gibt es auch repetitive Aufgaben, aber gleichzeitig immer wieder neue Entwicklungen. Besonders geschätzt habe ich auch, dass meine Meinung von den Studiendirektoren ernst genommen wurde.

«Ich habe die bereichsübergreifende Zusammenarbeit sehr geschätzt und bin mit vielen tollen Menschen in Kontakt gekommen»
Denise Spicher, Student Administration

Du hast im Laufe der Zeit mit mehreren Studiendirektoren zusammengearbeitet. Sind dir dabei verschiedene Herangehensweisen aufgefallen?
Ja, definitiv. Was ich bei allen sehr geschätzt habe: Ich habe sehr viel Autonomie erhalten. Es gab kein Micromanagement, Hauptsache war, dass die Arbeit gut gemacht wurde. Manche Studiendirektoren zeigten zudem besonderes Interesse an aktuellen Themen aus dem Administrationsalltag und fragten regelmässig bei mir nach, was ich als sehr positiv empfunden habe.

Mit welchen ETH-Einheiten hattest du besonders oft zu tun?
Sehr häufig mit der Stundenplanung – das gehörte zu meinen Aufgaben. Aber auch mit dem Rektorat, etwa der Prüfungsplanung oder der Kanzlei, und mit verschiedenen anderen Stellen im Lehrbetrieb. Ich habe diese bereichsübergreifende Zusammenarbeit sehr geschätzt, ich bin mit vielen tollen Menschen in Kontakt gekommen und habe vom Rektorat viel Wohlwollen erfahren. Letztlich ziehen wir alle am selben Strick: Wir wollen die ETH gut positionieren und den Studierenden eine tolle Ausbildung bieten.

Was genau hat die Stundenplanung umfasst?
Die Professorinnen und Professoren melden uns ihre Vorlesungen mit den relevanten Informationen – z. B. Dauer, Wunschzeit und neue Lehraufträge. Wir erfassen das im System und nehmen die nötigen Raumreservationen vor. Das war angesichts der Raumknappheit oft eine Herausforderung. Die Planung wird anschliessend vom Rektorat überprüft – es steckt viel Koordination dahinter. Danach wird die ganze Semesterplanung in der Unterrichtskommission besprochen und in der Departementskonferenz zur Abstimmung gebracht.

Welche Herausforderungen erwartest du für das Departement in den kommenden Jahren?
Die Reform des akademischen Kalenders und des Prüfungswesens (PAKETH) und das Projekt Digital Campus bringen grosse Veränderungen für die Studienadministration. Auch die geplante Erhöhung der Studiengebühren wird Auswirkungen haben und könnte die Anzahl internationaler Studierender verringern. In den letzten Jahren ist die Anzahl Informatikstudierender hingegen stetig gestiegen. Wenn das so weitergeht, stellt sich die Frage, wie das Departement die Situation raumtechnisch und vor allem auch organisatorisch bewältigen kann. Schon heute suchen viele Studierende lange nach einem Thema und Betreuenden für ihre Bachelorarbeit – eine frustrierende Situation. Ich habe oft versucht, zu helfen, indem ich Professorinnen und Professoren direkt angesprochen habe.

«Für unsere Arbeit muss man Menschen mögen, sich aber auch emotional abgrenzen können»
Denise Spicher, Student Administration

Du giltst als sehr engagiert. Woher kommt dieser Antrieb?
Ich glaube, das liegt in meiner Natur. Ich wurde so erzogen, dass man seine Aufgaben gut erledigt – verlässlich und ohne grosses Aufheben. Diese Haltung hat mir in all meinen Jobs geholfen. Und ein Teil des Antriebs ist sicher auch: Ich bin ein Menschenfreund. Und für diese Arbeit muss man Menschen mögen. Gleichzeitig muss man aber auch lernen, sich emotional abzugrenzen, besonders bei schwierigen Lebenssituationen von Studierenden.

Hast du ein besonderes Erlebnis, das dir im Gedächtnis geblieben ist?
Ja – ich erinnere mich an einen Studenten, dem ein Wiederholungskurs der Schweizer Armee bevorstand, der zuvor aber noch eine Prüfung schreiben musste. Er kam in Uniform und mit Sturmgewehr zur Prüfung – was natürlich für grosses Aufsehen sorgte. Er wurde dann zu mir geschickt und hat sein Gewehr in meinem Büro deponiert. Dieses Bild werde ich nie vergessen.

Wie sehen deine Pläne aus?
Ich plane einen Umzug zurück in meine Heimat, wo auch mein Partner lebt. Ein grösseres Projekt, aber gleichzeitig eine schöne Gelegenheit, Altes abzuschliessen und etwas Neues zu beginnen. Altern ist auch Aufbruch. Ich möchte künftig Freiwilligenarbeit leisten – zum Beispiel in einem Bergrestaurant im Sommer. Ich will Menschen helfen, die weniger Glück im Leben hatten als ich. Langweilig wird es mir also sicher nicht, da ich auch oft kulturelle Veranstaltungen besuche, mich sportlich betätige und wieder vermehrt Zeit in Freundschaften investieren will.