«In der Informatik sind den eigenen Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt»
Das Bachelorstudium in Informatik eröffnet vielfältige Optionen und Berufsperspektiven. Doch der Start ins Studium kann hürdenreich sein. Fünf Studierende erzählen von ihren Erfahrungen und berichten, warum es sich lohnt, dranzubleiben.
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Künstliche Intelligenz, Algorithmen, Programmierung: Die Themenfelder der Informatik sind beliebt. Entsprechend hoch ist das Interesse am Studienfach, da es auch spannende Berufsaussichten bietet. Allerdings gestaltet sich die Studienzeit nicht immer einfach. Gerade zu Beginn des Bachelorstudiums sind einige Hürden zu erklimmen – vor allem, was die Dichte des Hochschulunterrichts und das Erlernen der Grundlagen betrifft. Ist dieser Berggipfel erstmals erzwungen, entfalten sich die attraktiven Aussichten des Informatikstudiums. Der Aufstieg lohnt sich, wie fünf Bachelorstudierende bezeugen können.
Einer davon ist Benedikt Falk. Er entschied sich für das Informatikstudium, weil ihn Technik begeistert. «Für mich standen die Fächer Mathematik, Physik und Informatik zur Auswahl», sagt er. Schliesslich entschied er sich für die Informatik. «Das Fach der Zukunft», betont er.
Inzwischen ist Benedikt im fünften Semester seines Studiums angelangt und hat sich an den Studienalltag gewöhnt. Das war nicht von Anfang an der Fall. Als er sein Studium aufnahm, war er zunächst insbesondere eines: überwältigt. «Vor allem die grosse Menge an Unterrichtsstoff hat mich überfordert», gesteht Benedikt. Was im Gymnasium über zwei Jahre verteilt behandelt werde, erledige man an der ETH Zürich in zwei Wochen.
Mit Selbstorganisation und Austausch zum Erfolg
«Ich hatte im ersten Semester oft das Gefühl, dass ich der Einzige sei, der mit dem Unterrichtsstoff nicht nachkommt und nicht alles versteht», sagt Benedikt. Diese Art von Selbstzweifel war neu für ihn, der am Gymnasium seine Bestnoten jeweils ohne grossen Aufwand erzielte. «Wichtig in so einer Situation ist, diesen Zweifel auszuhalten und weiterzumachen», meint er inzwischen.
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«Es ist wichtig, den Zweifel zu Beginn des Studiums auszuhalten und weiterzumachen.»Benedikt Falk![]()
Durch regelmässigen Austausch mit anderen Studierenden und Dozierenden werde schnell klar, dass auch ein Grossteil der Kommilitoninnen und Kommilitonen nicht immer alles auf Anhieb verstehe. Für den Studienalltag an der ETH Zürich sei auch eine neue Form der Selbstorganisation nötig: Am Gymnasium konnte Benedikt eine Woche vor den Prüfungen mit dem Lernen beginnen und so Höchstnoten erreichen. «An der ETH Zürich funktioniert das nicht mehr», sagt er. Wenn man nicht bereits während des Semesters dranbleibe, werde es schwierig, die Prüfungen zu bestehen.
Mit dieser Einsicht sei ihm bewusst geworden, wie unbegründet seine Ängste zu Beginn des Studiums gewesen seien. «Man findet sich mit der Zeit immer besser zurecht», führt Benedikt aus.
Freude an der Vielseitigkeit
Auch Bachelorstudent Hüseyin Deniz fühlte sich am Anfang seines Studiums zum ersten Mal in seinem Leben am Limit. «Man wird konstant mit neuem Unterrichtstoff konfrontiert, obwohl der Stoff der Vorwoche noch gar nicht richtig verarbeitet ist», sagt er. Der gelernte Polymechaniker, der vor seinem Studium die Berufsmaturität und die Teilzeitmatura absolviert hatte, musste, wie viele seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen, mit dem berüchtigten Basisjahr kämpfen. «Eine grosse Schwierigkeit war, dass ich dazumal nicht programmieren konnte», erklärt er. Diese Konstellation habe ihn dazu gezwungen, sich zuerst Programmierkenntnisse anzueignen und nebenbei die nötigen mathematischen Kenntnisse zu erlernen.
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«Man hat in der Informatik sehr viele Optionen und kann sich in verschiedenen Richtungen entwickeln.»Hüseyin Deniz![]()
Hüseyin empfiehlt deshalb potenziellen Informatikstudierenden, dass sie sich bereits vor Studienbeginn im Programmieren üben. «Man sollte sich zumindest rudimentäre Java-Kenntnisse aneignen», erläutert er.
Nun, da Hüseyin im fünften Semester studiert, schätzt er die Vielseitigkeit der Informatik. «Man hat in diesem Fach sehr viele Optionen und kann sich in verschiedene Richtungen entwickeln», sagt er. Man könne von Grund auf etwas Eigenes aufbauen: «Programmieren, Algorithmen erstellen, Ideen entwickeln – in der Informatik sind den eigenen Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt», schwärmt Hüseyin.
Ein Problem – verschiedene Lösungsansätze
Für Bachelorstudentin Saskia Koller ist es ebenfalls der kreative Aspekt, der ihr am Informatikstudium gefällt. Dazu kommt die Rätselkomponente. «Es fühlt sich oft so an, als würde ich Puzzleaufgaben lösen», sagt sie. Der Drang, eine technische Aufgabe bis zum Ende zu lösen, stellt ihrer Ansicht nach die wichtigste Grundvoraussetzung für das Informatikstudium dar.
Saskia schloss ihre Matura im Sommer 2020 ab und hatte sich bereits im April 2020 für das Informatikstudium an der ETH Zürich angemeldet. Dann kam die Covid-19-Pandemie. «Als ich erfuhr, dass mein Studium im September nur online stattfinden würde, entschied ich mich, den Studienbeginn um ein Jahr zu verschieben, und habe zuerst ein Praktikum gemacht», sagt sie. Ihr sei im Studium der direkte Kontakt mit anderen Menschen sehr wichtig. «Zudem arbeite ich nicht gerne allein», erläutert Saskia. Dementsprechend tauscht sie sich oft und gerne mit ihren Mitstudierenden aus. «Oft lerne ich so Ideen kennen, die in eine völlig andere Richtung als meine eigenen laufen», führt sie aus.
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«Während des Informatikstudiums fühlt es sich oftmals so an, als würde ich Puzzleaufgaben lösen.»Saskia Koller![]()
Saskia kann sich noch gut an einen Moment am Anfang ihrer Studienzeit erinnern – als sie stundenlang eine Aufgabenstellung bearbeitet habe und bei dieser nicht weitergekommen sei. Glücklicherweise habe sie sich mit einem Freund darüber ausgetauscht, wodurch sie eine andere Perspektive auf das Problem erhalten habe und die Aufgabe lösen habe können. Diese Erfahrung habe ihr gezeigt, wie wichtig der gegenseitige Austausch sei. «Denn vielfach gibt es für eine Aufgabe ganz verschiedene Lösungsansätze», sagt Saskia.
Durch Engagement zum erweiterten Freundeskreis
Auch Ilya Maier hat während seines Bachelorstudiums am Departement Informatik regelmässig mit Lerngruppen gearbeitet. «Es hilft sehr, wenn Mitstudentinnen und Mitstudenten sich gegenseitig Fragen stellen. So erhalten alle einen Einblick darin, wie sie die jeweils spezifischen Lösungsansätze für ein Problem entwickeln können», meint er.
Ilya stammt ursprünglich aus Russland, schloss sein Abitur in Deutschland ab und kam anschliessend für sein Bachelorstudium in die Schweiz. Inzwischen belegt er ein Masterstudium an der Princeton University in den USA. «Ich empfehle allen, die für ein Studium einen Ortswechsel vornehmen, sich direkt einen Freundeskreis aufzubauen», sagt Ilya. Denn wenn man ein herausforderndes Informatikstudium bewältigen möchte, sei es umso wichtiger, dass man sich in seiner täglichen Umgebung wohlfühle.
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«Es hilft sehr, wenn Mitstudentinnen und Mitstudenten sich gegenseitig Fragen stellen.»Ilya Maier![]()
Zu diesem Zweck engagierte sich Ilya während seines Bachelorstudiums auch im Verein der Informatikstudierenden (VIS). «Durch den Besuch der verschiedenen VIS-Veranstaltungen habe ich mich den anderen Informatikstudierenden viel verbundener gefühlt», sagt er. Ilya hat sich beim VIS vor allem in der Nachwuchskommission betätigt, die auch Schnuppertage für Schülerinnen und Schüler organisiert.
Eine neue Perspektive auf den Studienbeginn
Dass der gemeinsame Austausch Wunder vollbringen kann, findet auch Bachelorstudentin Sophia Herrmann. «Redet mit anderen Leuten», sagt sie. Zudem solle man nicht von sich selbst erwarten, alles allein schaffen zu müssen. «Es ist in Ordnung, andere um Hilfe zu bitten.»
Für Sophia war seit vielen Jahren klar, dass sie eines Tages Informatik studieren werde. Da sie in der Nähe von Zürich aufwuchs, lag es für sie auf der Hand, dass sie an der ETH Zürich studieren wird. Allerdings war auch für sie das erste Semester eine Herausforderung. «Die Unterrichtsstoffe sind zu Beginn oft sehr abstrakt», sagt Sophia. Das Fach «Diskrete Mathematik» sei unter Erstsemestrigen in dieser Hinsicht besonders berüchtigt.
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«Es ist in Ordnung, andere um Hilfe zu bitten.»Sophia Herrmann![]()
Inzwischen studiert Sophia im fünften Semester und betrachtet den Vorlesungsstoff der früheren Semester mit neuem Blick: «Mittlerweile verstehe ich bestimmte Konzepte schneller, weil ich mich bereits zu Beginn des Studiums mit diesen auseinandersetzte», erläutert sie. Manchmal wünsche Sophia sich, dass sie das erste Semester mit ihrem aktuellen Wissensstand noch einmal besuchen könnte. «Jetzt verstehe ich, warum es Sinn ergibt, gleich zu Beginn des Studiums derart abstrakte Materien zu lernen.»
Gerade zu Studienbeginn fühlte sie sich oft so, als wäre sie die einzige Person, die mit dem Studienalltag zu kämpfen habe. «Heute weiss ich: Das ist nicht der Fall. Selbst wenn andere Studentinnen und Studenten das Informatikstudium tatsächlich müheloser bestreiten als ich, bin ich dennoch genauso stolz auf meine eigenen Leistungen».