Willkommen, Michalis Kokologiannakis

In diesem Interview spricht Professor Kokologiannakis über seine Forschung im Bereich der automatisierten Softwareverifikation, über seine Vorstellung von Lehre als interaktivem Prozess und über die Vorbilder, die ihn dazu inspiriert haben, Ingenieur zu werden. Er gibt auch Ratschläge für junge Leute, die eine akademische Laufbahn in der Informatik in Betracht ziehen, und verrät ein Buch, das seiner Meinung nach jeder Forschende lesen sollte.

Professor Michalis Kokologiannakis

Im Dezember 2023 wurde Michalis Kokologiannakis zum Tenure-Track-Assistenzprofessor für Informatik an der ETH Zürich ernannt. Zuvor hatte er sein Doktorand am Max-Planck-Institut für Softwaresysteme in Kaiserslautern, Deutschland, abgeschlossen. Michalis Kokologiannakis Forschung befasst sich mit Programmiersprachen, insbesondere der formalen Verifikation von Programmen. Er entwickelt unter anderem fortgeschrittene Algorithmen, die sehr effizient eine grosse Anzahl von Programmausführungen analysieren können.

Herr Professor Kologiannakis, wie fühlt es sich an, Professor an der ETH Zürich zu werden? Worauf freuen Sie sich am meisten?
Es ist ein wahr gewordener Traum – hätte man mir als Student gesagt, dass ich an einem Ort wie der ETH Zürich landen würde, hätte ich es wohl nicht geglaubt. Ich schätze mich in dieser Hinsicht sehr glücklich. Am meisten freue ich mich darauf, eine Gruppe aufzubauen, mit den Studierenden zu interagieren und zu sehen, welche Früchte unsere Zusammenarbeit tragen wird.

Sie waren zuvor als Postdoktorand am Max-Planck-Institut für Softwaresysteme tätig. Warum haben Sie sich entschieden, an die ETH Zürich zu wechseln?
Die interessantere Frage wäre vielleicht, warum jemand nicht an die ETH kommen würde. Ein wichtiger Grund, warum ich mich für die ETH entschieden habe, ist, dass ihre Werte mit meiner Forschungsphilosophie übereinstimmen. Die ETH bietet nicht nur ein hervorragendes Umfeld für Spitzenforschung, sondern steht seit ihrer Gründung auch im Dienst der Gesellschaft. Und das entspricht genau meinem Verständnis von Forschung: Ich strebe danach, dass meine Forschungsergebnisse praktisch sind – auch für Leute ausserhalb der Hochschulwelt – nicht nur in Form von Algorithmen, sondern auch in Form von produzierten Tools und Artefakten.

Wenn Sie auf Ihre Kindheit und Jugend zurückblicken, was hat Sie dazu bewogen, sich mit Informatik zu beschäftigen?
Die Neugierde. Ich erinnere mich daran, dass ich in der Primarschule war und mich fragte, wie es möglich ist, dass sich elektrischer Strom in eine Reihe von Farben auf meinem Computerbildschirm «verwandelt». Schon bald wusste ich, dass ich Ingenieur werden wollte, und ich studierte Elektrotechnik und Informatik, wobei ich eine ganze Menge über diesen Prozess lernte: von elektrischen Feldern und elektronischen Materialien bis hin zu Computerarchitektur, Algorithmen und Komplexität. Was mich aber letztendlich am meisten faszinierte, waren die algorithmischen Prinzipien, die vielen Problemen in verschiedenen Bereichen zugrunde liegen. Deshalb beschloss ich schliesslich, in Informatik zu doktorieren.

Hatten Sie als Kind Vorbilder?
Was die Forschung und die Informatik betrifft, würde ich das nicht unbedingt sagen. Natürlich habe ich immer die grossen Physikerinnen und Physiker bewundert, die die Physik des 20. Jahrhunderts geprägt haben, aber diese fallen nicht wirklich unter die Definition eines Vorbilds. Ihre Beiträge schienen mir zu wichtig, als dass man einen Bezug zu ihnen hätte herstellen können. Erst im ersten Jahr meines Grundstudiums sprach einer unserer Professor:innen mit uns über Forschung in einer zugänglicheren Sprache und weckte ungewollt mein Interesse an der Forschung. Kurz darauf wusste ich, dass der einzige Job, den ich danach wollte, ein Doktorat sein würde.

«Ich strebe danach, dass meine Forschungsergebnisse auch für Leute ausserhalb der Hochschulwelt praktisch sind – und zwar nicht nur in Form von Algorithmen, sondern auch von produzierten Tools und Artefakten.»
Professor Michalis Kokologiannakis

Erzählen Sie uns von Ihren Forschungsinteressen. Welches sind die faszinierendsten Fragen, an denen Sie gerade arbeiten?
Ich interessiere mich allgemein für Programmiersprachen und Verifikation, mit einem besonderen Schwerpunkt auf automatisiertem Schlussfolgern und computergestützter Verifikation. In letzter Zeit habe ich an der Entwicklung von algorithmischen Techniken gearbeitet, die die skalierbare Verifikation von nebenläufigen Datenstrukturen ermöglichen. Solche Strukturen sind wesentliche Bausteine für praktisch jede nebenläufige Software und beinhalten komplizierte Synchronisationsmechanismen, um eine gute Leistung zu erzielen. Die Entwicklung von Techniken, die die Komplexität solcher Datenstrukturen bewältigen und ihre Implementierungen effektiv verifizieren können, ist eine Herausforderung, aber auch äusserst interessant.

Wie würden Sie Nicht-Spezialist:innen die gesellschaftlichen Auswirkungen Ihrer Forschung erklären?
Software wird in immer mehr kritischen Systemen eingesetzt: von intelligenten Autos und Raketen bis hin zu Herzschrittmachern und Strahlentherapiesystemen. Software versagt jedoch häufig, und wenn dies der Fall ist, können die Folgen fatal sein: Die Ariane-5-Rakete zerstörte sich bei ihrem Jungfernflug aufgrund eines Softwarefehlers selbst und das Strahlentherapiegerät Therac 25 tötete mindestens sechs Patient:innen aufgrund eines Software-Designfehlers.

Meine Forschung befasst sich mit der automatisierten Softwareverifikation, die darauf abzielt, strenge, mathematisch basierte Techniken anzuwenden, um die Korrektheit von Software durch Design und automatisch festzustellen, damit Fehler wie die oben genannten nicht auftreten.

Welche Impulse erwarten Sie von der ETH Zürich für Ihre Forschungskarriere? Gibt es besondere Kooperationen, auf die Sie sich freuen?
Die ETH Zürich bietet einzigartige Möglichkeiten in Bezug auf Finanzierung, Infrastruktur und Kooperationen, die alle zu einem Umfeld akademischer und wissenschaftlicher Exzellenz beitragen. Der Zugang zu diesen Ressourcen wird es mir ermöglichen, mich mit minimaler Ablenkung auf Forschung und Lehre zu konzentrieren.

Was die Zusammenarbeit anbelangt, so freue ich mich besonders auf die Kooperationen mit meinen Kolleg:innen im Institute for Programming Languages and Systems. Ich hoffe, dass wir gemeinsam in der Lage sein werden, bestehende Herausforderungen im Bereich der Verifikation anzugehen und neue entstehen zu sehen.

Was ist die wichtigste Forschungsaufgabe, die Sie in den nächsten Jahren angehen wollen?
Mein ultimatives Ziel ist es, «Knopfdruck»-Techniken zu entwickeln, mit denen vollwertige Implementierungen umfangreicher nebenläufiger Programme wie verteilte Systeme vollständig verifiziert werden können. Wir sind zwar noch weit davon entfernt, dieses Ziel in dem von mir beschriebenen Umfang zu erreichen, aber die vollständige Verifizierung als Endziel hat die Art und Weise geprägt, wie ich nicht nur Algorithmen, sondern auch Tools entwerfe, die in die Standardarbeitsabläufe von Programmierenden integriert werden sollen.

Was gefällt Ihnen am meisten am Unterrichten?
Seine interaktive Natur. Das Unterrichten ist ein Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden; und wenn es richtig gemacht wird, kann es sogar Leidenschaft für ein Thema vermitteln. Obwohl ich kein erfahrener Dozent bin, stelle ich mir eine interaktive Lehre an der ETH Zürich vor, bei der die Studierenden auch mit modernster Forschungssoftware arbeiten können, die von meiner Gruppe entwickelt wurde.

Haben Sie eine Botschaft für ETH-Studierende, die in Betracht ziehen könnten, Ihre Lehrveranstaltungen zu besuchen oder bei Ihnen Forschung zu betreiben?
Wenn irgendeine Kombination von Automatisierung, Programmiersprachen, Verifikation und mysteriösen Compiler-Optimierungen interessant klingt, dann lasst uns miteinander reden!

«Ich stelle mir eine interaktive Lehre an der ETH Zürich vor, bei der die Studierenden auch mit modernster Forschungssoftware arbeiten können, die von meiner Gruppe entwickelt wurde.»
Professor Michalis Kokologiannakis

Welchen Rat würden Sie jungen Leuten geben, die eine akademische Karriere in der Informatik anstreben?
Seid neugierig, hartnäckig und resilient. Und vergesst nicht, den Prozess der Forschung zu geniessen; das ist es doch, was den Spass an der Forschung ausmacht.

Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?
Ich spiele E-Gitarre, wenn ich die Zeit dazu finde. In den letzten Jahren habe ich auch mit dem Skifahren begonnen. Ich hoffe, dass ich mich in der Schweiz darin weiterentwickeln kann.

Was machen Sie am liebsten, um abzuschalten und sich zu unterhalten: Lesen, einen Film schauen oder Musik hören?
Am liebsten gehe ich einfach spazieren. Das hilft mir, meine Gedanken zu ordnen, und es ist auch eine sportliche Betätigung.

Gibt es ein besonders aufschlussreiches Buch, einen Film oder etwas anderes, das Sie in letzter Zeit besonders interessant gefunden haben und das Sie unseren Leserinnen und Lesern empfehlen möchten?
In letzter Zeit nicht, aber ich empfehle dringend das Buch «Style: Toward Clarity and Grace» von Joseph M. Williams und Gregory G. Colomb. Ganz gleich, ob Sie in der Industrie oder in der Wissenschaft landen, Sie werden schreiben müssen – und Ihr Erfolg wird weitgehend davon abhängen, wie gut Sie darin sind. Dieses Buch ist ein Leitfaden für klare Kommunikation; und ich finde seine Ratschläge besonders nützlich für das Schreiben von Fachtexten.

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