«Die Art von Informatik, die wir betreiben, ist enorm vielfältig»
Nach zwei Jahren als Departementsvorsteher kehrt Professor Kenneth Paterson zu seinen grossen Leidenschaften zurück: Lehre und Forschung. In diesem Interview gibt er einen Einblick in seine Zeit an der Spitze und reflektiert darüber, was das Departement Informatik einzigartig macht.
Professor Paterson, nach zwei Jahren ist Ihre Zeit als Abteilungsleiter zu Ende gegangen. Wie fühlen Sie sich?
Ich habe gemischte Gefühle: Einerseits bin ich erleichtert, dass meine Amtszeit vorbei ist. Andererseits habe ich das Gefühl, dass ich noch etwas zu erledigen habe, denn es gibt Projekte, für die ich keine Zeit mehr hatte. Ich werde die Möglichkeit vermissen, Initiativen aktiv voranzutreiben, «in the room» zu sein, wie man in der amerikanischen Politik sagt. Aber ich freue mich darauf, mich wieder auf meine Forschung zu konzentrieren – das wird viel Spass machen.
Sie haben erwähnt, dass einige Dinge unerledigt geblieben sind. Welche genau?
Eine wichtige Aufgabe ist die weitere Definition der Beziehung unseres Departements zum Campus Heilbronn. Eine andere ist die Festlegung der zukünftigen physischen Infrastruktur. Im Dezember 2024 hat das Departement mit überwältigender Mehrheit dem Vorschlag der ETH zugestimmt, in den nächsten acht bis zehn Jahren einen Neubau auf dem Hönggerberg zu beziehen und das ganze Departement an einem Ort zusammenzuführen. Mit diesem Entscheid ist der Anfang vom Ende gemacht, aber es bleibt noch viel zu tun, um das Projekt zu realisieren. Schliesslich hatte ich gehofft, eine umfassende Diversity-Strategie entwickeln zu können. Wir brauchen klare gemeinsame Werte für Vielfalt – und ich hoffe immer noch, dass ich als Mitglied des Strategieausschusses des Departements daran mitarbeiten kann. Aber nun ist es an meinem Nachfolger, die umfassenderen Initiativen auf seine Weise voranzutreiben.
Was hat Sie als Vorsteher am meisten überrascht?
Ich war angenehm überrascht, wie zugänglich die Mitglieder der Schulverwaltung waren. In der Regel genügte eine kurze E-Mail, um innerhalb von ein oder zwei Tagen ein Treffen zu vereinbaren. Ich schätzte auch die enorme Unterstützung und das Wohlwollen unseres Verwaltungsteams – es hat mir die Arbeit viel leichter gemacht. Und schliesslich habe ich entdeckt, wie vielseitig das Amt ist; es beansprucht mindestens die Hälfte der eigenen geistigen Bandbreite, während man gleichzeitig eine Forschungsgruppe leitet und unterrichtet.
«Ich bin stolz auf die starke Position, in der sich unser Departement heute befindet – dank der harten Arbeit von allen.»Professor Kenneth Paterson
Hat die Rolle Ihre Sichtweise auf das Departement verändert?
Ja, ich habe ein besseres Verständnis dafür gewonnen, wie unterschiedlich die Professorinnen und Professoren ihre Teams führen. Einige arbeiten wie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, während andere eng mit ihren Doktorandinnen und Doktoranden am Whiteboard zusammenarbeiten. Mir ist auch klar geworden, wie thematisch breit unser Departement aufgestellt ist – mit einer grossen Vielfalt an Forschungsgebieten und Methoden. Es gibt eine enorme Vielfalt in der Art von Informatik, die wir betreiben.
Was war Ihre grösste Herausforderung als Departementsvorsteher
Am schwierigsten war es, die Anforderungen des Amtes mit der Leitung meiner Forschungsgruppe und der Betreuung der Doktorandinnen und Doktoranden in Einklang zu bringen. Glücklicherweise hat sich meine Forschungsgruppe gut entwickelt, was vielleicht auch auf die Unabhängigkeit zurückzuführen ist. Das war meine Erfahrung als Doktorand mit meinem eigenen Betreuer. Er hat uns einen Schreibtisch und einen Bibliotheksausweis zur Verfügung gestellt und uns ermutigt, gute Forschungsarbeit zu leisten. Ich denke, diese Art der Betreuung hat mich zu einem stärkeren und unabhängigeren Forscher gemacht. Aber vielleicht ist es auch ein härterer Aufstieg, um den Berg zu erklimmen.
Gibt es eine Leistung, auf die Sie besonders stolz sind?
Ich bin stolz auf die starke Position, in der sich unser Departement heute befindet – dank der harten Arbeit von allen. Es ist uns gelungen, ein ernsthaftes Angebot für ein neues Gebäude zu erhalten und unsere Mission, unsere Werte und unsere Vision für die Informatik an der ETH Zürich erfolgreich zu kommunizieren. Diese Erfolge spiegeln die harte Arbeit aller im Departement wider.
Welche Lektionen aus Ihrer Amtszeit werden Ihnen in Zukunft nützlich sein?
Ich habe gelernt, dass es in einer Organisation wie der ETH Zürich spannende Tätigkeiten gibt, die über die Professur hinausgehen. Zu Beginn meiner Karriere hatte ich Mühe, Führungsaufgaben zu übernehmen, aber ich war damals viel jünger und vielleicht noch nicht so reif. Deshalb bin ich mit einer gewissen Sorge an die Aufgabe herangegangen, war aber erleichtert, dass keine unüberwindbaren Katastrophen eingetreten sind. Natürlich gab es Herausforderungen, aber nichts, was wir nicht gemeinsam hätten bewältigen können.
«Unser Fachbereich ist unglaublich international und bringt Menschen aus der ganzen Welt zusammen, die sich für Spitzenleistungen engagieren.»Professor Kenneth Paterson
Was hat Ihnen als Vorsteher am meisten Spass gemacht?
Es hat mir Spass gemacht, mit Menschen in Kontakt zu treten und ein tieferes Verständnis für unser Departement und die ETH Zürich als Ganzes zu gewinnen. Es hat mir auch Spass gemacht, das Departement an verschiedenen Anlässen zu vertreten, zum Beispiel den Familien der Absolventinnen und Absolventen das Departement vorzustellen und unsere Vision für die Informatik zu präsentieren. Diese Reden vorzubereiten und zu halten – und ihre Wirkung zu sehen – war besonders befriedigend.
Während Ihrer Zeit als Vorsteher haben Sie viele Veranstaltungen der Studierenden besucht. Hat sich dadurch Ihr Blick auf die Studierenden verändert?
Ja, es hat mir geholfen, ihre Perspektive besser zu verstehen. Ich befinde mich in einer anderen Lebensphase und habe einen Hund, ein Auto und eine Hypothek. Die Zukunft der Studierenden ist hingegen ungewisser, vor allem in Bezug auf Karriere und globale Herausforderungen wie den Klimawandel. Ich habe auch ein besseres Verständnis für das Zeitmanagement und den Druck, dem Studierende ausgesetzt sind. Die ETH Zürich ist ein anspruchsvoller Studienort – und die Begegnungen mit den Studierenden an diesen Anlässen haben mir wertvolle Einblicke in ihre Erfahrungen gegeben.
Was macht unser Departement so besonders?
Ganz klar: die Menschen. Unser Fachbereich ist unglaublich international und bringt Menschen aus der ganzen Welt zusammen, die sich für Spitzenleistungen engagieren. Das gilt nicht nur für Professorinnen, Professoren und Studierende, sondern für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine weitere Stärke ist unsere Kultur des offenen und respektvollen Dialogs innerhalb der Professorenschaft. Auch bei schwierigen Themen finden wir Kompromisse, die für alle Beteiligten funktionieren.
«Man muss die täglichen Aufgaben mit langfristigem strategischem Denken in Einklang bringen. Es ist leicht, sich in Details zu verlieren, aber man sollte das grosse Ganze im Auge behalten. »Professor Kenneth Paterson
Ist das Departement gut für die Zukunft der Informatik gerüstet?
Ja, ich denke schon. Unser Fachbereich deckt ein breites Spektrum an Informatik-Themen ab und hat sich proaktiv mit neuen Gebieten wie maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz auseinandergesetzt. Ich wünschte mir zwar, wir hätten mehr Professorinnen und Professoren einstellen können, um den steigenden Studierendenzahlen gerecht zu werden, aber insgesamt sind wir gut aufgestellt.
Haben Sie einen Rat für Ihren Nachfolger Thomas Hofmann?
Ich habe ihm bereits ein symbolisches Geschenk gemacht: eine grosse Uhr, die ich von meinem Vorgänger Timothy Roscoe geerbt habe, um die Bedeutung des Zeitmanagements im Hinterkopf zu behalten. Mein wichtigster Rat ist, die täglichen Aufgaben mit langfristigem strategischem Denken in Einklang zu bringen. Es ist leicht, sich in Details zu verlieren, aber man sollte das grosse Ganze im Auge behalten. Man sollte auch daran denken, dass man nicht jedes Problem allein lösen muss. Es gibt ein starkes Unterstützungsteam und ein Netzwerk ehemaliger Departementsvorsteher, die immer bereit sind, zu helfen.